Der andere Pilger checkte gestern in derselben Herberge ein und es stellte sich heraus, dass er die ersten zwei Tage etwas andere Etappen gegangen war. Und das Nette: er kommt aus Deutschland und wir können uns gut miteinander unterhalten. Das ist nämlich auch etwas, das sich mit dem neuen Camino total verändert hat: auf dem Frances hat jeder, auch wenn ich etwas in Spanisch sagte, sofort auf Englisch geantwortet, weil es einfacher war. Und die ‚Verkehrssprache‘ der Pilgernden war sowieso Englisch.
Hier auf dem Weg spricht niemand mehr als einige Worte Englisch, ich kann, darf, muss jetzt mein Spanisch verwenden. Das mache ich gern, aber manchmal ist es eine Herausforderung, all das zu verstehen, was andere erzählen. Wie zum Beispiel die beiden ultranetten und zuvorkommenden Hospitaleros gestern. Schon erstaunlich: ich befinde mich ca 40 km Luftlinie südlich von Frances und bin in einer völlig anderen Welt!
Auch bei den gelben Pfeilen muss ich jetzt besser aufpassen. Letzte Woche hatte ich schon kilometerweit gesehen, wo der Weg hingeht, wo die Pilgerden in der Ferne unterwegs sind. Auf Pfeile brauchte ich nicht zu achten. Jetzt mache ich das sehr wohl, und manchmal übersehe ich sie auch. Dann verpasse ich schon mal eine Abzweigung. Zum Glück gab es einen Engel, der ein Fenster öffnete und mich auf den richtigen Weg leitete. Wenn ich mir unsicher bin, hilft mir auch die App ‚Buen camino‘, wo ich meinen Standort sehe und wieder auf den Weg zurückfinde.
Der erste Teil des heutigen Weges war wieder sehr bedrückend. Ich ging mitten durch ein Waldbrandgebiet, dann in der Asche einen Hügel hinunter, mir vorstellend, dass hier vor zwei Monaten alles in Flammen stand. Und dann sah ich Hoffnungszeichen an den Bäumen: die Menschen haben verschiedene Tiere gestaltet und an den verkohlten Stämmen montiert. An einem Strommasten las ich: ich überlebte 2025. In Situationen totaler Verzweiflung gibt es immer Möglichkeiten, das Leben zu gestalten und gegen das Schicksal anzumalen, anzuschreiben, ..




Später ging es wieder dieses Flusstal des Sil entlang teilweise auf sehr alten Wegen, und ein wenig erinnerte es mich an die Donau. Unzählige Höhenmeter waren das heute und nach 28 km war ich wirklich erschöpft und froh, hier in Quiroga anzukommen. Mein deutscher Pilgerfreund wird noch erwartet und zwei Rucksäcke stehen auch da. Sie wurden vom donkey-Service gebracht, ich bin neugierig, ob ich die Besitzer sehe und wo sie herkommen. Auf dem Weg war ich nämlich auch heute ganz alleine.



