Etwas heruntergekommen war die Herberge von letzter Nacht und viel zu groß für die wenigen Pilgernden. Deswegen wird sie im Sommer auch für Schulklassen und Kinderferienwochen verwendet. Und in der Erntezeit für Saisonarbeiter. Solche waren da, sie helfen bei der Weinlese.
Etwas heruntergekommen fühlte sich auch der Ort an, so viele Geschäfte und Bars waren geschlossen und das erste Mal in dieser Zeit musste ich auf Mikrowellenessen umsteigen. Pilzrisotto … naja.
Das Rätsel mit den Rucksäcken hat sich dann auch gelöst. Drei spanische Pilger waren im Zimmer neben mir einquartiert und morgens hörte ich sie zuerst dort lautstark und dann unter meinem Fenster. Bis ein Taxi kam und sie damit davon fuhren.
Das wurde mir schon öfter erzählt: Pilgernde lassen sich zu den schönsten Abschnitten mit dem Taxi bringen, gehen dieses Stück und werden dann wieder weitergeführt.
Zum Beispiel ein Schweizer: Weil er beim Buchen der Reise keine Zimmer mehr bekam, schlief er in einem Hotel in Burgos und ließ sich vom Taxi zu den einzelnen Etappen bringen und wieder holen. Der Urlaub kostete ihn über 3000€.
Oder die irische Vier-Männer-Partie: sie bekamen nur eine gemeinsame Woche Urlaub und machen den Camino im Schnelldurchlauf, gehen einzelne Streckenabschnitte, holen sich Stempel, und lassen sich von Taxis weiterbringen.




Ich hingegen war heute meinen 30. Tag unterwegs. Manche bewundern mein Durchhaltevermögen, manche fragen mich: wann kommst du jetzt endlich an? Im Moment bin ich ca bei km Santiago minus 155. Nachdem ich täglich ca 20-25 km gehe, und das ist hier bei diesen Steigungen wirklich genug, werde ich noch 7-8 Tage pilgern. Das hängt allerdings auch von den möglichen Unterkünften und Streckenabschnitten ab. Den heutigen habe ich z. B. auf zwei Tage aufgeteilt, da es insgesamt 37 km gewesen wären.
So bin ich in einem winzigen Dorf gelandet, es besteht nur aus einer römischen Brücke an einem Fluss, der vorbei plätschert, diesem Gasthaus, einer kleinen Kirche und vielleicht zwei bewohnten Häusern. Die Stille wird nur durch die Autos gestört, die hoch über mir auf der Autobahn fahren.



