Santiago

Die Kathedrale war gestern Abend schon 45 Minuten vor Beginn der Messe so voll, dass ich nur mehr einen Platz am Boden bekam. Beim spirituellen Rundgang hatten wir gesehen, dass die Kohle für das berühmte Botafumeiro-Ritual angezündet wurde, es würde also der Weihrauchkessel geschwenkt werden. Ich habe ja die Vermutung, dass viele nur deswegen drinnen sitzen und nicht wissen, dass das hier eine Hl. Messe ist. So setzte sich, während ich bei der Kommunion war, eine Asiatin auf meinen Bodenplatz und checkte ihre nächsten Unterkünfte auf booking.com. So konzentriert, dass sie von ihrer Nachbarin auf den Botafumeiro hingewiesen werden musste. Dann wurde natürlich gefilmt. Als sie sich dann noch während des Ave Maria mit ihrer Nachbarin ohne Ende austauschte, konnte ich nicht anders als sie darauf hinzuweisen, dass das hier ein Gebet, eine Heilige Messe sei. Sie war dann stumm und hoffentlich auch betroffen.
Mir tut das weh, wenn Menschen sich so respektlos verhalten.

Heute morgen erwartete ich nach der deutschsprachigen Messe und einem gemütlichen Austausch meine britsche Pilgerfreundin, und mit ihr verbrachte ich den restlichen Vormittag auf dem Platz vor der Kathedrale. Es ist so schön, da Menschen wiederzutreffen, die ich irgendwann auf dem Weg gesehen habe, z.B. einige Deutsche in Pamplona, am 3. Tag des Weges! Alle kommen früher oder später hier an.
Ich werde ja, nach einem kurzen Abstecher nach Porto und Fatima hierher zurückkommen und bis Ende des Monats bei der Pilgerseelsorge mitarbeiten. Vielleicht noch eine Möglichkeit, Menschen wiederzusehen..
Eine, die ich am Weg immer wieder verloren glaute und dann unerwartet wiedersah, war Giorgia, die junge Italienerin. Und gestern, um 21 Uhr, stand sie plötzlich neben mir an der Kreuzung! Sie hatte bei der Abendreflexion in Bercianos etwas gesagt, womit ich diesen Blog für heuer schließen möchte:
‚der Camino hilft mir, die besserer Seite von mir selbst zu entwickeln.‘
Möge mir und uns allen das immer wieder gelingen, auf dem Jakobsweg und auf den verschiedenen Wegen unsere Lebens. Dann kann die Welt insgesamt eine bessere werden.
Danke dafür, dass ihr mich auf meinem Weg begleitet habt, es war eine tolle, bunte, spannende Zeit.
Auch wenn ich alleine unterwegs war, hab ich mich sehr mit euch verbunden gefühlt. Vielleicht gibt es ja Anfang Mai eine Fortsetzung, denn ich habe vor, dann den Camino Frances fertig zu pilgern, mit hoffentlich etwas weniger anderen Menschen.

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