
Avilés, diese Industriestadt, deren Vorstädte mir so abgewohnt erschienen, hat mich abends noch mit einer sehr schönen Altstadt überrascht. Sie steht unter Denkmalschutz und vor allem die Häuser, die auf Säulen über dem Gehsteig aufgebaut sind, gefielen mir gut. Auch schöne und riesige Parkanlagen gibt es hier, auf den Straßen und Plätzen aber nur wenig grün.
Die große Herberge war fast voll, aber die einzigen, die ich gekannt hatte, waren der rumänische orthodoxe Priester mit seinem Sohn und seinem Freund. Offenbar sind sehr viele neu in Gijon gestartet. Und das Wettrennen um die Betten wird weiter gehen.
Heut war ein Tag der Überraschungen: zweimal hab ich unabsichtlich eine Abkürzung, dafür später vollkommen bewusst den längeren Küstenweg, den es offiziell nicht mehr gibt, genommen. Das Pech dabei war, dass es auch die einzige Herberge dort nicht mehr gibt und ich neun ungeplante Kilometer mehr hatte. Aber der Weg bot nach 316 Stufen wunderbare Ausblicke und zweimal gönnte ich meinen Füßen die Abkühlung im Meer. Auch die private Albuerge, in der ich schlussendlich gelandet bin, ist vom Feinsten: Vierbettzimmer mit allem Drum und Dran um 13 €.
Übrigens: Der Horror aller Pilgernden und Herbergsbetreiber auf dem Weg sind Bettwanzen. Sie nisten sich in den Räumen ein, sind nachtaktiv und werden in den Rucksäcken weiter transportiert. Zwei deutsche Mädels erzählten mir, dass sie Herberge gewechselt hätten, weil unter der Matratze Wanzen gekrabbelt sind. Und die Litauerin Rasa war, als ich sie nach einigen Tagen wieder gesehen habe, vollkommen zerbissen. In der Herberge wurde dann alles gewaschen und desinfiziert. Auch mich hat neben unzähligen Gelsen in einer Nacht eine Bettwanze erwischt. Das erkennt man an den aneinandergereihten Bissen. Da aber in der Folge keine neuen Bisse dazu kamen, dürfte die Wanze dort geblieben sein, wo sie mich getroffen hat. Seitdem bin ich aber mit meinem Gepäck sehr vorsichtig: der Schlafsack wird jeden Morgen und Abend von innen nach außen gedreht. Die Wäsche ist in einem verschlossenen Sack und auch den Rucksack mache ich über Nacht immer zu, damit nichts hinein krabbelt und ich auf den letzten 300 km keine blinden Passagiere mittrage.




Nach einer wirklich erholsamen Nacht bin ich heut das erste Mal der Empfehlung in meinem Buch, den Jakobsweg zu verlassen und dem viel schöneren Küstenweg zu folgen, nicht nachgekommen. Dauernd an der Küste zu gehen, verliert seinen Reiz, wenn es ständig starke Steigungen bedeutet. Der Alternativweg führte schön eben auf Waldwegen dahin, und Aussichten aufs Meer gibts trotzdem genug.



