Ultreia – immer weiter

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Santander ist beliebter Urlaubsort der Spanier und nachdem der August generelle Ferienzeit ist, waren tagsüber der Strand und am Abend die Stadt unglaublich voll. Da fallen die im Vergleich wenigen Pilgernden nicht auf.
Zwischen Bilbao und Santander ist das schönste Stück des Camino del Norte, höre ich oft. Und dass viele nur diese ca 180 km gehen, einfach wegen der beeindruckenden Landschaft. Etliche werden also von hier nach Hause fahren. Es könnten aber neue Pilgernde dazu kommen, die die 569 km von hier bis nach Santiago pilgern wollen, wie der Spanier Anton, der in derselben Herberge ist.
Auf dem Weg hinaus aus der Stadt leiteten mich drei spezielle Pflastersteine, die den Weg weisen. Zwei zeigen die bekannte Jakobsmuschel, auf dem dritten sieht man zusätzlich zur Muschel noch ein Kreuz. Dabei steht das (normalerweise rote) Kreuz für den Pilgerweg nach Santo Toribio de Liébana, der hier auf derselben Route verläuft. Zu diesem Kloster machten früher die Pilgernden eine Abstecher von ca. 50 km, weil dort die angeblich größte Reliquie des Kreuzes Christi aufbewahrt wird. Neben Jerusalem, Rom und Santiago darf auch dieser kleine Ort ein ‚Jubileo‘ ausrufen: wenn der Festtag an einen Sonntag fällt, wird allen, die kommen, ein vollständiger Ablass gewährt. Ob ich wohl dorthin pilgern sollte?

Die Besonderheit des heutigen Tages war der – unerlaubte, aber offizielle – Abstecher über eine Eisenbahnbrücke, die mir 10 km des Weges ersparte. Das waren auch die einzigen 200 m, die ich heute nicht auf Asphalt oder Steinfliesen marschiert bin. Dementsprechend müde sind jetzt meine Füße.

Santander

fc593161-ff0e-4da5-b9d8-0ea47a0655a6.jpgDie gestrige ‚Kultherberge‘ lag zwar nur auch ca. 100 m Seehöhe, trotzdem bot sich beim Weggehen ein überwältigendes Bild: Nebel, der Richtung Meer liegt und dahinter der Sonnenaufgang.
Richtung Meer ging es auch weiter und dann ca. 10 km entlang der Steilküste mit Blick auf einsame Buchten, und später wieder am Sandstrand entlang.
Auch heute nahmen wir ein Boot und setzten nach Santander über. Weil morgen schlechteres Wetter angekündigt ist, beschloss ich, hier zu bleiben und den Nachmittag zum Baden zu nützen.
Ich wollte mir ein Zimmer suchen in der Herberge, die in meinem Guide beschrieben ist. Das war aber gar nicht notwendig, denn genau die Besitzerin dieser Herberge sprach mich und ein ungarisches Mädel an, ob wir nicht bei ihr wohnen wollten! 15 € für ein Bett im Viererzimmer schien uns für eine Stadt angemessen und wir sagten zu. Heut hat sich die Quartiersuche also quasi von selbst erledigt.
Santander ist die größte und zugleich die Hauptstadt Kantabriens. Die Stadt gibt es schon seit dem römischen Reich, den Namen hat sie vom Hl. Emeterius, einem frühchristlichen Martyrer, dessen Haupt seit dem 3. Jhdt hier in der Kathedrale verehrt wird.
Zwei Katastrophen hat die Stadt er- und überlebt:
Am 1893 explodierte ein in Brand geratener Frachter mit 51 Tonnen Dynamit an Bord im Hafen. 590 Personen starben, ca. genau so viele Verletzte waren zu versorgen.
1941 wurde Santander Opfer eines desaströsen Feuers, das von einem Tornado angefacht wurde und volle zwei Tage lang brannte. Tausende von Familien wurden obdachlos, was ein Chaos auslöste. Der historischen Teil Santanders wurde fast komplett zerstört. Das bewirkt, dass die bei gebauten Gassen und Häuser der Stadt jetzt ein sehr einheitliches Bild abgeben.

Herbergen

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Am gestrigen Abend in der Klosterherberge mit gemeinsamem Singen und Essen und mit einem speziellen Segen nach der Messe für alle Pilgernden hab ich dieses Camino-Feuer wieder gespürt, das berührt und tiefer geht als das Nebeneinander in den normalen Herbergen.
Um das nochmal und doch in anderer Form zu erleben, bin ich heut wieder um die 30 km marschiert. Und diesmal hab ich es ohne Umwege geschafft.
Jetzt bin ich in der Albuerge del Abuelo Peuto, die laut meinem Buch die bekannteste und größte Herberge des Camino del Norte ist – einfach Kult! Betreiber ist Ernesto, der Ortspfarrer, der vor 80 Jahren hier geboren wurde. Gemeinsam mit vielen Freiwilligen, die einige Zeit hier Dienst tun, kümmert er sich um die Pilgernden. Es gibt hier angeblich 70 Plätze (wobei ich auf der Liste die Nummer 73 habe), größere und kleinere Zimmer und auch Hütten, einen Aufenthaltsraum, Bibliothek, Meditationskapelle, Küche und einen riesigen Garten. Ich habe gemeinsam mit einem estnischen Ehepaar einen Platz in einer Hütte bekommen, schlafe also bereits die dritte Nacht nicht in einem Stockbett 🙂
Es gibt hier Abendessen für alle und vorher einen Vortrag über die Entstehung der Herberge und die Organisation, später wird Ernesto die Symbolik in den Bildern des Meditationsraumes erklären.

Der Morgen begann mit einer Bootsfahrt auf die andere Seite der Bucht auf die Halbinsel Santoña. Hier gibt es ein riesiges Gefängnis, der Camino geht an der Mauer entlang.
Höhepunkt des heutigen Weges war aber das Barfußgehen am Strand entlang Richtung Noja. Sechs Kilometer war die Strecke lang und unzählige Badende kamen mir entgegen. Ich muss ein eigenartiges Bild abgegeben haben mit meinem Rucksack und den großen Schuhen in den Händen.

Jakobswege

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Jakobswege sind spirituelle Wege, so hab ich es auf dem Camino francés erfahren. Hier auf dem Camino del Norte hab ich das so noch nicht gespürt und auch nicht bemerkt. Voriges Jahr war die erste Frage, die sich Pilgernde stellten, wenn sie sich trafen, oft jene nach dem Herkunftsland und gleich danach wurde nach der Motivation für den Weg gefragt. Und das waren immer sehr persönliche, berührende Gründe. Nur einmal meinte ein Pilger, er mache es aus sportlichen Gründen.
Die Frage nach dem Warum habe ich hier so noch nicht gehört. Als ich sie stellte, kamen aber durchaus auch sehr persönliche Geschichten. Im allgemeinen empfinde ich diesen Weg aber weniger als Pilger-, sondern als Weitwanderweg, wo es darum geht, wunderschöne Ausblicke zu genießen und die sportliche Herausforderung zu schaffen. Viele gehen auch nur gewisse Teilabschnitte und es sind auch viele einfach hier wandern.
Es gibt hier nicht diese pfarrlichen Herbergen, die mir voriges Jahr so gefallen haben: wo gemeinsam gekocht, gegessen, geplaudert und gebetet wird und so die Pilger eher in Kontakt zueinander kommen.
Aber heute habe ich mich im Kloster von Laredo einquartiert. Geschlafen wird in den ehemaligen Klosterzellen, und es wird zur Messe, zum gemeinsamen Musizieren und Abendessen eingeladen, wo alle etwas zum Teilen mitbringen sollen. Ich freu mich schon drauf.
Im Moment sitz ich allerdings noch am Strand, der mit der Altstadt durch einen langen Tunnel verbunden ist und genieße das Meer.

Kantabrien

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Heute hab ich also die Grenze vom Baskenland nach Kantabrien passiert und so die zweite von insgesamt vier Regionen erreicht, durch die ich pilgern werde.
Das Volk der Kantabrier leistete bei der Besetzung durch die Römer am längsten Widerstand. Endgültig erst 19 v. Chr. erobert, passten sie sich dann aber ganz der römischen Kultur an und sind auch jetzt dem restlichen Spanien am ähnlichsten.
Vormittags ging es auf einem schönen Panoramaweg mit Meeresblick Richtung Castro Urdiales. Dort stehen auf einem Felsen am Meer die Ruinen einer Festung und die schöne gotische Kirche Santa Maria de la Asunción. Ich wartete, bis sie auf gesperrt wurde und feierte dort die Sonntagsmesse mit.
Fast eine Woche bin ich jetzt schon unterwegs und nach dem guten Start begleitet mich jetzt immer das mulmige Gefühl, evtl. kein Bett zu bekommen. Das macht ein bisschen Stress, ich setze mich weniger oft einfach wo gemütlich hin oder mach eine Pause, wenn es nicht notwendig ist. Auch ess ich tagsüber nur eine kleine Jause, um nicht zu spät in ein mögliches Quartier zu kommen. Heute hatte ich großes Glück: ich hatte einen Campingplatz am Meer angestrebt, in dem auch Metallhütten für Pilgernde vermietet werden. Um 15.00 kam ich an, zufällig gemeinsam mit einer Frau aus Deutschland, über der ich schon gestern im Stockbett geschlafen hatte. Der Herr an der Rezeption sagte mir, dass sich eine Gruppe angekündigt hätte, bei der evtl. noch ein, zwei Betten übrig bleiben könnten. In einer Stunde würde er es wissen.
Warten und vielleicht wertvolle Zeit verlieren? Weitergehen und suchen? Zurück zur Albuerge, wo vielleicht was frei sein könnte? Oder notfalls am Strand übernachten? Aber wo können wir Isomatten kaufen? Diese Fragen besprachen wir, während ich einen Kaffee trank und immer wieder nachfragen ging. Endlich kam dann die Gruppe. Sie wussten offensichtlich selbst nicht, wie viele sie jetzt seien und ob noch welche nachkämen. Der nette Herr hatte Mitleid mit uns und gab uns die letzte Blechhütte. So kommt es, dass ich nach langer Zeit wieder auf einem Campingplatz übernachte, und hier das Meer genießen kann.

Die Basken

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Da ich morgen durch die ungeplante Zugfahrt leider ungeplant schnell das Baskenland verlassen werde, möchte ich euch noch kurz über dieses Volk erzählen:
Die Basken sind ein sehr altes, autochthones Volk, das heißt, sie lebten schon immer als eigenständiges Volk am Golf von Biskaya. Wurzeln ihrer Sprache, die mit keiner anderen europäischen Sprache verwandt ist, gehen bis in die Steinzeit zurück. Das Gebiet war zwar oft von anderen Reichen regiert, die Basken erhielten sich aber trotzdem immer die Selbständigkeit. Mit der Festigung Frankreichs wurde der nördliche Teil des Baskenlandes immer mehr dort integriert, während der Süden von Spanien regiert wurde. Hier wurden die Sonderrechte des Volkes unter Franko sehr beschnitten. Nach Ende der Diktatur wurde den Basken in Spanien zwar Autonomie zugesichert, doch damit wollen sich viele nicht zufrieden geben. Manche fordern sogar einen eigenen Staat und das wird auf Häuserwänden, und Transparenten oft aggressiv eingefordert.
Alle Menschen hier sprechen sowohl baskisch, als auch spanisch, vieles ist zweisprachig angeschrieben – von Wegweisern bis zu Speisekarten.

Heute also den letzten Tag durch das Baskenland, auch ‚Euskal Herria‘ genannt und und es war ein ganz untypischer Weg: den ganzen Tag Asphalt, zuerst 10 km entlang des Flusses Nervión, vorbei an alten und teilweise verfallenden Hafenanlagen und Industriegebieten. Höhepunkt war dann die Querung des Flusses mit einer alten Hängefähre. Diese ist tatsächlich an Seilen angehängt und schwebt so über das Wasser hinüber nach Portugalete. Und dort gab es eine Rolltreppe auf den Berg hinauf!
Auch weiter blieb der Weg asphaltiert,
bis auf die letzten 800 m, die ich barfuß am Sandstrand entlang ging.
Dafür gabs heut praktisch keine Steigungen und ich kam relativ schnell vorwärts. Diesmal klappte es auch gut mit der Herberge, ich hab ein Bett bezogen und bin dann gleich nochmals zum Strand spaziert, wo ich jetzt auch diese Zeilen für euch schreib.

Bilbao

Es waren viele, die gestern Abend zum zur Herberge ausgebauten Bahnhof in Deba kamen und dort kein Quartier mehr bekamen. Die einzige, die das kümmerte, war die amerikanische Hospitalera (das sind Freiwillige, die für zwei Wochen solche ‚Albergues‘ betreuen). Sie konnte aber kein Spanisch und gab uns nur eine Liste mit möglichen Herbergen, von denen aber die meisten voll seien. Warum wir denn so spät kämen? Die letzten Betten seien im 14.00 Uhr vergeben.
Ich schloss mich drei Frauen an: ein Amerikanerin mit ihrer Tochter und einer Französin, die fließend spanisch spricht.
Nach der guten Nacht im Hostel beschlossen wir alle, den Tag in Bilbao zu verbringen,
nach all der Anstrengung, der Enttäuschung und dem Ärger von gestern.
Bilbao wollt ich sowieso anschauen: vor allem das Guggenheim-Museum, das aus Titan, Stein und Glas erbaut und 1997 eröffnet wurde, aber auch die modernen Brücken und die Altstadt mit der Kathedrale Santiago. Die Stadt hat 345.000 Einwohner, aber es scheint, dass halb Spanien und ein Teil Europas sich hier aufhält. Morgen beginnt die große Fiesta, der Preis des Zimmers stieg in einer Nacht von 19 auf 29 €.
Bilbao ist die inoffizielle Hauptstadt des Baskenlandes. Obwohl sich die ETA offiziell für aufgelöst erklärt hat, konnten wir sehen, dass manche ihrer Parolen durchaus fortleben und weiter gepflegt werden. Sehr kreativ wurden die entsprechenden Stände für morgen vorbereitet.
Da werd ich allerdings wieder auf dem Weg sein, denn ich hab vor, von Bilbao aus weiter zu pilgern.

Weil es so schön ist …

 

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… bin ich heut etliche Kilometer doppelt gegangen. Vormittags war der Weg gut mit gelben Pfeilen beschildert und es lag einfach an meiner fehlenden Aufmerksamkeit, dass ich manches Mal zurück gehen musste. Nachmittags nahm ich dann bewusst eine andere Route, jene an der Küste, die in meinem Buch aber sehr genau beschrieben wurde. Es boten sich geniale Ausblicke auf das Meer! Besonders schön war die Stelle, an der die Ebbe einen riesigen Steinteppich sichtbar werden ließ. Unzählbar die Höhenmeter, die ich heut bewältigt habe und sicher sind auch die Tageskilometer ein Rekord. Dazwischen gabs Tunnel, die man nicht passieren durfte, Gestrüpp, blockierte Wege und so manche besondere Begegnung.
Offiziell hab ich Weg heut bei 29 km beendet.
Ich muss noch dazu sagen, dass ich auf Anraten meiner Pilgerfreundin Irene eine App installiert habe, die mir den richtigen Weg zeigen kann. Leider zweifle ich immer erst, wenn ich schon länger keine Pfeile mehr gesehen habe. Und dann ist es manchmal zu spät.
Mein heutiges Ziel war Deba und hier ist großes Fest. Blasmusik empfing mich beim Ankommen und das aufgeregte Warten auf den Stierkampf.
Leider sind deswegen auch alle Betten in einem Umkreis von mehr als 30 und mehr Kilometern besetzt.
Gemeinsam mit fünf anderen Pilgernden hab ich deshalb den Zug nach Bilbao genommen und dort ein Hostel gebucht. Wie ich jetzt weiter mache, werdet ihr morgen lesen.

 

 

San Sebastian

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San Sebastian ist eine der schönsten, aber, wie eine Spanierin meinte, auch der teuersten Städte Spaniens. Nachdem sie unter Napoleon komplett zerstört worden war, wurde sie im 19. und 20. Jhdt. vollkommen neu aufgebaut und weist deswegen einen recht einheitlichen Charakter auf. Berühmt ist sie für die Concha- oder Muschelbucht, die fast einen perfekten Halbkreis aus Sandstrand bildet.
Im Moment ist Festwoche in San Sebastian und halb Spanien feiert hier, täglich gibts ein riesiges Feuerwerk, das jeweils ein anderes Land vorbereitet. Leider hab ichs nicht gesehen, die Herberge schloss um 22.00 Uhr und da ging auch das Licht aus. Dafür wurde es um 6.30 Uhr wieder automatisch aufgedreht, da waren ein Teil der Pilgernden schon wieder unterwegs.
Ich machte mirs am Vormittag gemütlich. Vorbei an der Kongresshalle, die den deutschen Namen ‚Kursaal‘ trägt, ging ich ins Zentrum, frühstückte, besuchte dann die Messe in der Kathedrale und machte beim Stadtspaziergang noch einen Abstecher auf den Hausberg Monte Urgull, um die Stadt und die Bucht von oben zu bewundern.
Erst um 11 gings dann richtig los: wieder steil bergauf, dann lange oberhalb des Meeres entlang und in Orio wieder hinunter zur Herberge.
Ein besonders nettes Erlebnis hatte ich heut auch noch: bei einem kleinen Wasserfall mit Trinkwasser machte ich Mittagspause. Da gesellte sich ein Mädel zu mir. Im Laufe des Gesprächs entdeckten wir, dass wir beide aus dem Weinviertel kommen und sogar gemeinsame Bekannte haben. Eine weitere Gemeinsamkeit: wir sind beide mit dem Flixbus von Wien nach Paris gefahren! Und wir haben eingemeinsames Ziel: Santiago de Compostela.

Camino del Norte

‚Warum noch einmal den Jakobsweg? Da warst du doch schon voriges Jahr!‘, haben mich in letzter Zeit viele gefragt. Tatsächlich gibt es nicht DEN einen Jakobsweg, sondern ein ganzes Jakobswege-Netz, das Europa durchzieht und seit 1000 Jahren die Pilgernden nach Santiago führt. Einer dieser Wege und der bekannteste ist der ‚Camino francés‘, den ich voriges Jahr gegangen bin. Genau wie dieser führt auch der Camino del Norte von der französischen Grenze bis nach Santiago, aber eben ganz im Norden, an der Küste entlang. Dieser Weg ist seit 1000 Jahren begangen und war der erste Jakobsweg. Zu Beginn dieser Tradition hatten die Mauren wichtige Städte des direkten Weges besetzt. So waren die Pilgernden gezwungen, einen Umweg über die kantabrische Küste zu nehmen.
Seit 2015 ist dieser Weg Weltkulturerbe und seither wird er auch besser beschildert.
Als anspruchsvollerer Weg, auf dem es oft keine klare Routenführung gibt und wo es täglich regnet, wurde mir der Camino del Norte angekündigt. Nach dem heutigen ersten Tag kann ich das bestätigen: von Iruñ, das auf Meereshöhe liegt, nahm ich die schönere Route über den Berg Jaizkibel auf 520 m Seehöhe. Ziemlich am Gipfel erwischte mich ein kräftiger Regenschauer, vor dem ich mich mit meinem Schirm in die Ecke einer Ruine flüchtete. Danach bot sich mir entlang des Kraters ein grandioser Ausblick: rechts das tiefblaue Meer, links der totale Nebel!
Von ganz oben musste ich wieder auf Meeresniveau hinunter nach Pasaia. Diese Stadt liegt beidseitig einer Bucht, die ich mit einer Fähre querte. Dann gings wieder unzählige Stufen bergauf auf und auf dieser Höhe entlang des wunderschönen Atlantiks bis nach San Sebastian. Es ist eine ganz einfache provisorische Herberge in einem Turnsaal, aber sie liegt ganz nah am Strand. So sitz ich jetzt hier und beobachte die Kinder, die riesigen Spaß an den hohen Wellen haben, während im Hintergrund Surfer ihre Standfestigkeit erproben.