Das magische Licht

Santa Marta de Tera – Villar de Farfon

Heute ging ich den Tag ganz entspannt an. In Santa Marta de Tera gibt es eine besondere Kirche. Als ich sie gestern betrat, sang gerade ein Spanier das Ave Maria – ein Gänsehautmoment! Die Kirche ist ein spürbarer Kraftplatz. Sie stammt aus dem 11. Jhdt und zweimal im Jahr – zur Tag- und Nachtgleiche – sieht man hier ein besonderes Licht: bei diesem Sonnenstand beleuchtet der hereinfallende Strahl eine steinerne Figur, geschlechtslos und als Seele der Verstorbenen gedeutet, die von zwei Engeln in den Himmel gehoben wird. Eine andere Erklärung: zu Zeiten, als es noch keine Uhren und Kalender gab, war dieses Schauspiel der Hinweis für die Menschen, dass der Winter kommt und so manches abzuschließen ist, bzw. im März, dass es Frühling wird und Zeit zum Aufbruch. Gleichzeitig kann der Mensch in der Mandorla auch als der im Licht kommende Christus gesehen werden. Neun Monate später wird ja seine Geburt gefeiert.
Ich habe schon öfters von so besonderen Lichtmomenten gehört und heute wollte ich es sehen. Das Warten bis 9.45 hat sich gelohnt und auch die Sonne ist hinter den Wolken hervorgekommen und zeigte das äußerst beeindruckende Schauspiel. Auf den Weg nahm ich mir die Frage mit: wo ist es für mich Zeit, etwas abzuschließen? Wo will vielleicht auch Neues aufleuchten?
Der Weg heute war abwechslungsreich und einmal hab ich auch die Abenteuervariante, einen Pfad durch den Wald genommen. Angekommen bin ich an einem wunderschönen Platz, wo ein Ehepaar ein komplett verfallenes Haus renoviert und zur Herberge mit 4 Plätzen ausgebaut hat.

auf der linken Seite des Portals findet sich die älteste bekannte Jakobus-Darstellung

Zweimal ging sich heut auch ein Fußbad aus

Vertrauen

Zabada-Santa Marta

Ein Grund, warum ich so gern auf den spanischen Jakobswegen unterwegs bin, ist die Herausforderung, in fremdem Land auf fremden Wegen Vertrauen zu üben. Heute morgen zum Beispiel, …
… dass der Regen trotz Wettervorhersage wieder aufhört,
… dass ich einen guten Schlafplatz finden werde,
… dass ich nicht Hunger leiden werde, obwohl ich den Supermarkt verpasst habe,
… dass ich den richtigen Weg finde, und falls nicht, dass dann ein Engel kommt, der mir weiterhilft. (Heute waren es sogar zwei – in Camouflage-Bekleidung),
… dass es irgendwo auf dem Weg Kaffee gibt, ..

Immer wieder hoffe ich, dass dieses erprobte Vertrauen in den kleinen Camino-Alltagsdingen mir auch in den tatsächlichen Lebenssorgen hilft und noch mehr zur Lebenseinstellung wird.
Auf meinem Weg habe ich heute besonders die Menschen mitgenommen, die ich im letzten Jahr in ihrer Trauer begleiten durfte. Mögen auch sie das Vertrauen haben, dass ihre Schritte Teile eines guten Weges sind.

In der Herberge waren wir gestern 12, außer meines Pilgerkollegen waren alle schon den dritten Tag unterwegs auf der Strecke, die wir in zwei Tagen gegangen sind. Das erklärte, warum wir unterwegs auf den Wegen niemanden gesehen hatten. Der Großteil der Pilgernden war aus Frankreich, einige aus Italien, ein Spanier, eine Frau aus Taiwan und ich. Das war ein romanisches Sprachengewirr beim gemeinsamen Abendessen mit Paella! Und fast alle hab ich heut unterwegs gesehen und sie sind auch jetzt wieder in derselben Herberge gelandet.

Auf dem ganzen Weg gab es anscheinend Waldbrände

Entscheidung

Fontanillas del Castro – Zabada

Entscheidungen zu treffen, ist ja nicht immer einfach. Manchmal weiß man, dass es auf eine Entscheidung zugeht, aber kann sich für keine der möglichen Alternativen erwärmen. Denn meist ist dann auch Veränderung gefragt. Man tritt auf der Stelle, vielleicht solange, bis jemand anderer die Entscheidung trifft.
Bei mir stand heut auch eine Entscheidung an. Ich hatte die Möglichkeit, weiter auf der Via de La Plata zu pilgern, bis Astorga, und von dort auf dem französischen Weg zu gehen. Diesen kenne ich allerdings schon von 2017, und deshalb hab ich für heuer den Camino Sanabrés gewählt. Er führt über Ourense nach Santiago und soll landschaftlich schöner sein. Das muss sich erst zeigen, denn im Moment bin ich vor allem auf elendslangen Schotterpisten unterwegs, die meist in eine neue Piste münden. Die Gegend ist kaum bebaut oder schon abgeerntet, es geht vorbei an riesigen Schweinezuchtbetrieben, besser Schweinefabriken, an großen Arealen, in denen Kuhherden grasen, und auch an einem sicher 5 km langen und dementsprechend breiten Feld, auf dem gerade Fotovoltaik aufgestellt wurde. Spanien macht sich bereit für die Energiewende.
Meine Energie war heut Nachmittag erschöpft. Ich hatte mir einfach zu viel vorgenommen und dass es auf der ganzen Strecke keine einzige Bar mit Kaffee gab, nahm mir etwas die Freude.
Der schönste Teil des heutigen Weges war die Gegend an einem Fluss, wo es auf schmalen Wegen über Steine und vorbei an Eichen und Zistrosen ging. Und manchmal auch durch Pfützen ..

In Gottes Namen

Zamora – Fontanilla de Castro

‚In Gods Noma‘, das sagte meine Mutter immer, wenn sie mich mit einem Kreuzchen auf die Stirn zu einem Neuanfang oder einer schwierigen Aufgabe verabschiedete. Genau diese Worte kamen mir in den Sinn, als ich heut bepackt mit Rucksack und Walking-Stöcken an der Tür der Herberge stand und den ersten Schritt hinaus in die Dunkelheit setzte. In Gottes Namen gehe ich und vertraue darauf, dass dieser Weg gesegnet ist.
Ziemlich dunkel war es noch um 7.45, der Sonnenaufgang ließ sich schon erahnen. Bis ich die Stadt verlassen hatte, waren die Pfeile gut sichtbar. Schwierig war es nicht, meist ging es auf elendslangen ‚Pisten‘ gerade aus, und auch evtl. Abzweigungen waren auf verschiedene Varianten, aber gut markiert.

Kaum zu glauben, aber nach der Mittagspause schaffte ich es trotzdem, den Weg zu verfehlen! Weil ich einen Pfeil falsch interpretierte, die Angaben in meinem Buch falsch verstand, insgesamt einfach sicher war, richtig zu sein und stur auf dem falschen Weg blieb. Wie oft passiert mir das wohl auch in meinem Leben?
Dann heißt es halt, sich den Irrtum einzugestehen und umzukehren, beim Camino kostet mich das nur Zeit, im echten Leben viel Überwindung ..
Eine ziemlich einsame Gegend ist das hier. Vormittag waren wir drei Fußpilgernde, die irgendwo in Sichtweite hintereinander gingen. Und immer wieder Radfahrende, die mich überholten. Den ganzen Nachmittag sah ich tatsächlich keinen einzigen Menschen. Und hier in der Herberge sind wir jetzt zu zweit. Es ist eine Albuerge im traditionellen Stil: Am Abend wird für uns gekocht, am Morgen gibt’s Frühstück, und das alles auf Spendenbasis. Ein kleiner Garten lädt zum Entspannen ein, Hund Diva liebt seine Ruhe, Jungkater Noah sucht Beißopfer. So glücklich, müde, entspannt…

Auf dem Weg zum ‚Weg‘

Gestern Abend in Iruñ entdeckte ich eine Jakobsweg -Muschel auf dem Gehsteig und auch einige Pilgernde waren unterwegs. Hier startet ja der Küstenweg oder ‚Camino del Norte‘, den ich 2018 gegangen bin. Es ist ein anspruchsvoller Weg, mit vielen Höhenmetern, aber auch überragenden Ausblicken auf steile Felsenküsten und einigen Sandstränden zum Abkühlen. Die damaligen Tagebucheinträge gibt es noch immer unten auf diesem Blog.
Diesmal wird es ein anderer Weg: Ich war heute noch den ganzen Tag unterwegs, um mit Zug und Bus nach Zamora zu kommen. Diese mittelalterliche Stadt liegt auf dem Jakobsweg ‚Via de La Plata‘, der von Sevilla im Süden Spaniens bis nach Santiago führt. Von hier bis zum Ziel sind es 395 km, zwei Wochen hätte ich dafür Zeit. Das liegt über meinem persönlichen Wochensoll, aber es könnte sich ausgehen.
Zamora hatte seine Blütezeit im Hochmittelalter, es gibt hier viele Baudenkmäler aus der romanischen Zeit. Bekannt ist die Stadt für die Prozessionen in der Karwoche, der ’semana santa‘, in der überlebensgroße Figuren und Figurengruppen durch die Straßen getragen werden. Manche davon konnte ich in der Kathedrale bestaunen.
Diesmal hab ich nicht in einem Hotel, sondern in einer richtigen Pilgerherberge eingecheckt. Sie wird von zwei Frauen aus Kanada betreut, die hier für 2 Wochen Dienst machen und sich sehr liebevoll um die Pilgernden kümmern. Sie freuten sich, mich als erste Frau begrüßen zu dürfen.
Morgen geht es also richtig los. Ich freu mich schon sehr auf die Entschleunigung, die ich auch auf der Herfahrt schon genießen durfte.

Schon in Spanien

Diesmal startete meine Reise auf den Jakobsweg anders. Am Samstag leitete ich noch einen Workshop beim Impulstag der kfb am Stephansplatz und von dort machte ich mich direkt und zu Fuß auf den Weg zum Hauptbahnhof, um den Nachtzug nach Paris zu nehmen. Die Glocken von St. Elisabeth lockten mich zur Messe, die der Priester sehr schön und stimmungsvoll feierte – die ideale Einstimmung auf meinen diesjährigen Weg.
Heuer also nicht gekrümmt im Flixbus, sondern ausgestreckt im Liegewagen nach Paris, darauf hatte ich mich gefreut. Ziemlich eng ist es in so einem 6er Abteil allerdings schon, sogar für mich. Alle reisen mit großem Gepäck und wenn man an jemandem vorbei möchte, geht man unvermeidbar auf Tuchfüllung. Einmal im Bett war allerdings die Nacht ruhig, bis auf den Schrecken, als die Beamten an der deutsch-österreichischen Grenze uns im lauten Befehlston aufweckten, weil sie unserer Pässe sehen wollten. Der meine war allerdings im Rucksack unter der untersten Liege. Das hieß, im Halbschlaf heraus aus dem Bett, die Leiter hinunter, im Rucksack herumkramen. Das dauerte offensichtlich auch den Beamten zu lange und bevor ich meinen Pass in Händen hielt, hörte ich ein ‚Bonne nuit‘ (gute Nacht) und sie versuchten es im nächsten Abteil.
Gut angekommen am Gare de l’est hatte ich nur einige Stationen mit der Metro 4 zum Gare Montparnasse. Blöderweise hatte diese Linie genau heut bis 12 Uhr Betriebssperre, sodass ich in den vielfältigen U-Bahnsystem eine Alternative finden musste. Drei verschiedene Linien, viermal umsteigen, weil ich einmal auch in die falsche Richtung gefahren bin – für 2,10 € ein langwieriges, aber günstiges Unterfangen. Nur gut, dass ich keinen Zeitdruck hatte. Zwischendurch aber doch die Frage: warum tue ich das? Warum verlasse ich meine so bequeme Komfortzone, um irgendwo in fremdem Land herumzuirren?
Komfort erlebte ich aber dann bei der Fahrt mit dem TGV in den Süden. Das dauerte nur vier Stunden, der Zug war mit bis zu 300 km/h unterwegs. Komfort erlebe ich auch jetzt im Hotel Alcazar in Iruñ, wo ich diese Nacht verbringe, bevor es morgen weiter geht zum nächsten Abenteuer.

.. und erwartet werden

Eigentlich bin ich ja einen Tag zu früh in Santiago de Compostela angekommen. Erwartet wurde ich erst heute. Erwartet? Ja, denn ich mache in den nächsten 17 Tagen Dienst hier bei der deutschsprachigen Pilgerseelsorge. Das ist ein Projekt der deutschen Kirche mit dem Ziel, die Menschen, die als Pilgernde hier in Santiago ankommen, mit ihren Erfahrungen, Erlebnissen, vielleicht auch Fragen, aufzufangen und ihnen die Möglichkeit zum Austausch zu geben.
Das Team besteht immer aus einem Priester und zwei Ehrenamtlichen.
Der Tag ist dabei gut gefüllt, das konnte ich beim gestrigen ‚Schnuppern‘ schon erleben: um 8 Uhr morgens wird in der Kirche San Fiz eine deutschsprachige Messe gefeiert, die auch besonders gestaltet ist. Vor allen Gottesdiensten in der Kathedrale werden unsere Angebote vorgestellt und danach Information angeboten. Nachmittags gibt es die Möglichkeit zu Gespräch und Austausch und um 18.00 Uhr einen spirituellen Rundgang mit Erklärung der Symbolik der Eingangstore. Und es kann durchaus sein, dass zwischendurch noch Einzelgespräche geführt werden.
So bin ich neugierig und auch aufgeregt, wie sich diese nächsten zwei Wochen hier in Santiago gestalten werden. Ich sehe es als große Chance, Menschen mit meinem eigenen Erfahrungen zu begleiten.
2021 ist ja ein sogenanntes ‘Heiliges Jahr‘, weil der Gedenktag des Hl. Jakobus auf einen Sonntag gefallen ist. In diesen Jahren ist die Heilige Pforte geöffnet und normalerweise stehen die Pilgernden in langen Schlangen an, um durch die Pforte hindurchzugehen. Sie steigen danach hinunter zum Grab des Apostels, um hier auch alles Schwere hinzulegen. Der zweite Teil des Rituals, die Umarmung des Apostels auf den Hochaltar ist heuer leider aus hygienischen Gründen nicht möglich.
Das ist also der letzte Beitrag in meinem Blog. Schön, dass ihr mitgelesen habt. Mir macht es immer viel Freude, von meinen Weg-Erlebnissen zu berichten. Vielleicht kann ich ja damit die eine oder den anderen zu ähnlichen Erfahrungen anregen. Wobei: unser eigentlicher Camino ist der ‚Camino de la vida‘, unser je eigener Weg des Lebens. Dass ihr diesen gut gehen könnt, dafür wünsch ich euch Gottes Segen!

Ankommen

In Santiago anzukommen, war heut anders: die letzten Male war ich immer mit jemandem gemeinsam einmarschiert, wir haben uns vor der Kathedrale umarmt und uns gemeinsam darüber gefreut, dass wir das Ziel erreicht haben. Heute war ich alleine unterwegs, aber die Freude war die gleiche: das tolle Gefühl, anzukommen und etwas geschafft zu haben. Leider konnte ich die Pilgermesse um 12 Uhr nicht mitfeiern, da nur ein gewisses Kontingent zugelassen ist, und da war ich um ca 10 Personen zu spät in der Reihe.

Auf dem Weg zur Kathedrale beschäftigte mich die Distanz, ja fast Ignoranz, mit der die Menschen auf die Pilgernden reagieren:
Dieses Verhalten dürfte Folge der Pandemie sein: Während des gesamten Weges hatte ich mich gewundert, dass die SpanierInnen fast überall Maske (masquerilla) tragen. Auch wenn sie alleine im Auto sitzen oder als Kellner die Stühle auf die Straße stellen, wenn sie alleine unterwegs sind, oder auch mit Abstand miteinander plaudern. Nur im Lokal wird die Maske abgenommen.
Ich hab Heidi, die Herbergsbesitzein, darauf angesprochen. Sie meinte, dass der Lockdown hier sehr, sehr streng gehandhabt wurde und die Menschen sich einerseits daran gewöhnt haben, Maske zu tragen, und dass sie andererseits, auch wenn die Impfrate bei 80% liegt, fürchten, dass mit den Pilgernden eine neue Infektionswelle kommt. Sie haben also schlichtweg Angst und halten deswegen Abstand.
Aus Respekt vor den Menschen trage ich jetzt auf der Straße Maske, auch wenn ich alleine gehe, geimpft bin, und das ständige Maske Tragen im Freien für ungesund und sinnlos halte.
Das Schönste hier in Santiago ist es, auf der Plaza Obradeiro vor der Kathedrale zu sitzen und die Freude zu genießen, die alle Menschen empfinden, wenn sie hier ankommen. Und wenn man Glück hat, entdeckt man dabei sogar bekannte Gesichter.

Pilgerautobahn

Ein buntes Grüppchen saß gestern bei Heidi um den Küchentisch: zwei junge Polinnen, Jan aus Berlin und Franco aus Italien. Er wird demnächst 80 Jahre alt, beging seinen ersten Pilgerweg erst im Alter von 66 Jahren und ist jetzt auf seinem 33. Camino unterwegs! Und morgens startete er um 6.30 und ward nicht mehr gesehen!
Wir anderen ließen uns etwas Zeit, da es entgegen Jans Wetter-App draußen leicht regnete. Das blieb dann auch den ganzen Vormittag mehr oder weniger so.
Als ich um 9 vor das Haus trat, war ich mitten auf der Pilgerautobahn. Irritiert hat mich dabei, dass manche nicht einmal grüßen, wenn sie vorbei gehen. Es ist für mich immer wieder unglaublich, wie viele Menschen hier unterwegs sind. Ich reihte mich ein in den Strom, ging mal schneller, ließ mich auch manchmal zurück fallen und hatte so trotzdem eine ruhige Zeit auf dem Weg. Und ab 13.00 war der Weg wieder genauso einsam wie gestern. Zu diesem Zeitpunkt sind die meisten dann schon in ihrem Quartier angekommen.

Eigentlich wollte ich heut ja bis Monte do Gozo gehen, dem ‚Berg der Freude‘, von dem aus man schon nach Santiago hinein schauen kann. Von dort sind es nur mehr 5 km bis zur Kathedrale. Dieses Ende erschien mir dann aber doch zu schnell. Ich beendete den Tag spontan in Lavacollo und kann so morgen noch die restlichen 10 km genießen. Hier stoppten übrigens auch früher die Pilgernden, um sich vor dem Einzug in Santiago ein letztes Mal zu waschen. Daher hat der Ort seinen Namen und auch die Waschstelle gibt es heute noch.
Ich tat das Gleiche, nur in eigenem Zimmer und einer Dusche ganz für mich alleine.

Nah am Ziel

Auf den heutigen Tag hatte ich mich richtig gefreut. Das Ziel ist in greifbarer Nähe und zwei Höhepunkte des Weges erwarteten mich: die Churros von Arzua und die Übernachtung bei Heidi.
Bis nach Arzua waren es jedoch 20 km zu gehen, und das nur auf asphaltierten Landstraßen. Meine Füße sind diesen Untergrund nicht gewohnt und es machte sie müde. 20 km können ganz schön lang sein, vielleicht vergleichst du ja mal, wo du in dieser Distanz hinkommst?
Die Straßen waren gesäumt von Steineichen, die gerade die Eicheln abwerfen, und von Edelkastanien, bei denen das noch unangenehmer sein kann. Eine Frau sah ich beim Sammeln, sie hatte schon eine ganze Scheibtruhe voll. Ob die wohl bis nach Österreich kommen und im Winter als Maroni gegessen werden? Auch große Eukalyptusbäume stehen am Wegrand, sie riechen gut und spenden Schatten. Es gibt aber auch riesige Eukalyptuswälder. Dieser Baum wurde aus Australien importiert, wächst schnell und wird für die Zellstoffindustrie verwendet. Inzwischen ist er aber zum Feindbild der Bauern geworden, die ganze Wälder abbrennen und lieber wieder die Korkeichen pflanzen würden. Deren Früchte verwenden sie im Winter als Tierfutter.

Gestern hatte ich eine unangenehme Begegnung mit Hunden, sie sind auf der einsamen Route die Pilgernden nicht mehr gewohnt und verfolgten mich mit ihrem Gebell. Heute taten das die Kühe, die offensichtlich umgesiedelt wurden und Spaß daran hatten, mir nachzulaufen. Das macht schon ein komisches Gefühl!

Endlich in Arzua angekommen, suchte ich mir die Churreria mit den angeblich besten Churros: das ist ein in Fett herausgebackenes Spritzgebäck, zu dem eine Tasse Schokolade serviert wird, die fast so dick wie warmer Pudding ist. Die mit Zucker bestreuten Churros werden darin eingetunkt. Das ist wirklich ein Festmahl und ich darf das jetzt schon das dritte Mal genießen.
Von der Churreria weg waren es dann nur mehr 5 km bis zu Heidi. Hier habe ich schon 2017 übernachtet und es ist ein Paradies mit Katzen, Hund und Hühnern. Heidi hat weinviertler Wurzeln. Sie hat sich hier auf dem Camino angesiedelt und empfängt und verwöhnt täglich Pilgernde.