It’s raining again

Beim Frühstück in der Bar sah ich den Wetterbericht: in den nächsten Tagen Regen in ganz Spanien! Nur im äußersten Norden Chance, trocken zu bleiben. So wars dann auch: rechts der blaue Himmel, links und hinten die dunklen Wolken. Erst trocken, dann mal weniger, mal mehr Tropfen. Aber es ging noch ohne Regenschutz, genauso schnell, wie ich nass wurde, trocknete alles wieder. Erst als ich den nächsten Ort und die Bar erreichte, fings richtig an und nach und nach tröpfelten dann auch die nassen PilgerInnen ein.

Wer ist denn eigentlich so unterwegs auf dem Camino? Viele Einzelpersonen jeden Alters aus der ganzen Welt. Manche gehen, so wie ich, bewusst alleine, andere gehen stückweise oder auch länger gemeinsam.
Es gibt aber auch Familien, die hier unterwegs sind, wie z.B. das italienische Paar mit zwei Söhnen im Alter von 10 und 13. Mit ihnen war ich immer wieder in derselben Herberge. Ich bewundere sehr, dass so ein gemeinsamer Familienurlaub aussieht. Schön ist es auch, wenn Väter mit ihren Söhnen gehen oder seltener Mütter mit ihren Töchtern.
Vor einigen Tagen war mir im Staub auf dem Weg eine seltsame Spur aufgefallen: sie sah aus wie von einem Kinderwagen, aber das konnte doch nicht sein! Radfahrer mit Anhänger vielleicht? Und dann hatte ich die beiden eingeholt: ein Vater ging mit seinem Sohn, der offensichtlich ein geistiges Handicap hatte, und schob das gesamte Gepäck auf einer Art ‚Rodel‘. Der Sohn selbst ging mit Stöcken, aber ohne Rucksack. Weil mich das Bild so berührte und mich der Vater auch so freundlich auf spanisch ansprach, ging ich bis zum nächsten Ort mit ihm gemeinsam. Er sei Straßenkehrer in Saragossa, gebürtiger Argentinier mit italienischen Wurzeln, er hat noch einen kleineren Sohn, seine Frau ist verstorben. 7 Tage ist er mit dem 18 jährigen Laurel unterwegs, nur wenige Kilometer am Tag. Aber sie sind stolz, das geschafft zu haben. Im nächsten Ort hatten sie ihr Ziel erreicht und ich verabschiedete mich. Da packte er aus seinem Rucksack Biegedraht und Zange und fing an, den Draht zu formen: als die Rose mit Camino-Pfeil fertig war, kramte er in seinem Sackerl nach Nagellack: Die Rose wurde rot, der Pfeil gelb angemalt! Das schenkte er mir, dann verabschiedeten wir uns. Ich steckte das Geschenk auf meinen Rucksack und hoffe, dass ich es heil bis Santiago und dann bis Furth bringe.

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3 Kommentare zu „It’s raining again

  1. Hallo Hermi. Deine Erlebnisse gehen tief ins Herz. Ich wünsche dir eine Gute Nacht und noch viele schöne Erlebnisse bis Santiago. LG Waltraud

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  2. Hallo Hermi!
    Danke für deine lebendigen und sehr interessanten Geschichten und Beschreibungen. Ich bin voller Bewunderung für deinen Weg den du gerade gehst, in doppelter Hinsicht. 1. Jeden Tag so viel gehen ( alles Gute für Zehen und Ferse) und 2. über deine Offenheit für das Neue, das jeden Tag auf dich zukommt. Danke fürs miteinander teilen, ich freue mich jeden Abend auf die Fortsetzung. Weiterhin viel Freude☺

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